Montag, 16. April 2018
Perspektiven
Wenn man erwachsen ist, wenn man mehrere DIE große Liebe, Verliebtheiten, One night stands, Schwärmereien und Trennungen hinter sich gebracht hat, dann hat man nach einer Weile einen sachlicheren Blick auf die Dinge, mit weniger Emotionen, mit einer pastellrosanen Sonnenbrille statt der pinken und mit der Tragik einer Resignation, die sich irgendwann einstellt.. Man kann sich erlauben in klaren Momenten ohne Herzchen und Schmerzchen die Dinge zu hinterfragen und muss sich vielleicht eingestehen, dass es doch nicht so prall war, wie es vielleicht mal den Anschein hatte und dass es doch nicht so schlimm war, dass man hat sterben wollen, als die Person aus dem Leben weggebrochen ist.. Man hat ja schließlich weiter gemacht.. Nach einigen Tagen, Wochen, Monaten in tiefer Trauer, Hass, Wut, Verzweiflung kommt ein neuer Moment voller Schmetterlinge im Bauch und macht nach und nach den Rest vergessen und die Vergangenheit nicht mehr ganz so traurig.. "dieser Weg hat mich ja zu dir geführt.." Ach, ist das so.. Das menschliche Hirn ist so konzipiert, man kann dafür nichts.. Es ist weder schäbig sich einzugestehen, dass man plötzlich doch nicht zerbricht in seinem Schmerz oder seinen Tränen ertrinkt.. Dass das "Ich will Niemanden außer dir" plötzlich ein gebrochenes Versprechen ist.. Das ist nicht schlimm.. Jedem Menschen geht es so.. auch mir - bis zu einem gewissen Punkt.

Es ist nicht so als könnte ich mein Gehirn immer austricksen, das wäre eine göttliche Gabe aber das ist mir leider versagt.. Aber ich habe meine Möglichkeiten, um meine Prinzipien durchzusetzen.. Ich kann mich kaum darauf ausruhen zu sagen "ich kann nix dafür, is halt so".. und ich will es auch nicht..

Ich habe mich hinterfragt.. schon ein paar Mal.. und meine Schlüsse gezogen.. Nach dem großen Knall hab ich gelitten wie ein Hund.. ich kam nicht mehr zurecht, ich kam nicht mehr klar.. Alle meine Schutzwälle, all mein mühsam zusammengehaltenes Kartenhaus hatte ich abgerissen und davon fliegen sehen.. Ich hatte alle meine hart bekämpften realschwachen, beschissenen Eigenschaften, Krankheiten, Neurosen plötzlich zugelassen und sie gelebt als gäbe es kein Morgen.. Fernab des gesellschaftlichen, normalen Lebens, fröhnten wir unseren Welten, liebten und lebten unsere Persönlichkeiten und gingen in Wahn, Schmerz und Liebe auf.. Als es vorbei war, war es nicht das Schlimmste, dass die Seelen, die ich liebte, gegangen waren.. Das Schlimmste war die Angst.. Ich stand da mit allem, wofür ich malträtiert wurde, gegen das ich Medikamente geschluckt habe und in Kliniken gequält wurde.. Alles, was ich gebändigt und gezähmt habe, war frei und wild.. Ich wusste nicht wie ich das wieder hinkriegen sollte.. Ich floh.. Ich floh vor mir selbst, weil ich mich nicht umbringen durfte.. Ich versteckte mich vor ihnen und vor mir und ließ die Schattenseele mein Leben weiterführen.. Ich litt Höllenqualen, weil ich es nicht verstand.. Ich verstand nicht wie man alles, was man versprochen hatte, brechen konnte.. und diese Qual prägte mich massiv..

Als ich zurück kam, fügte ich mich nahtlos in mein Leben ein.. Es überforderte mich, machte mich müde und rastlos und ich wusste, ich bin fehl am Platz.. Es war nicht mehr meins.. aber es war mein Kind, also blieb ich. Ungesprochene Versprechen würden ebenfalls niemals von mir gebrochen werden.. Ich fügte mich in die Liebe eines Paares ein und übernahm einen Mann, der nicht meiner war.. ein seltsames Gefühl, weniger berauschend und erregend, als man vielleicht meinen sollte.. Ich fragte mich oft, ob sie es stören würde.. Ich gab ihr mein Leben als Susi Sorglos und nahm es mir zurück, wann ich es haben wollte.. Ich verstand nicht wie man es einfach hätte hinnehmen können, dass ich ihr Leben übernahm, dass ich ihren Mann übernahm und war beeindruckt von der Fähigkeit... Sie hob die Schultern, akzeptierte den Umstand, neigte vor mir das Knie und richtete sich neu aus.. Zweckgebundenes Dasein und ich habe es ausgenutzt.. Ich fühlte mich schäbig.. aber längst nicht lang genug.. und der Mann? Liebevoll, gutaussehend, amüsant und er weiß was er will.. aber er erreichte mich nie.. Ich belog mich; er wäre das Größte.. aber das war er nicht.. Das, was wir hatten und haben, war grundsolide und das, was die Menschen zu irrationalen Gefühlen, Gedanken und Taten treibt, hielt sich zurück.. Ich spielte für mich mit offenen Karten und zeigte ihm die angemessenen Decks.. Wenn ich gehen wollte, dann würde ich gehen.. Würde er mich bescheißen, würde er es bereuen.. Es würde keine 3027ste Chance geben.. Es würde keine Gnade und kein Verzeihen sein.. Es war großartig.. Ich hatte mich und mein Leben wieder unter Kontrolle, mein Herz fühlte sich unverbindlich zu ihm hingezogen und meine Seele blieb bröckelig im Schatten zurück..

Dann kam er.. oder vielmehr.. ich kam zu ihm.. nicht das erste Mal.. Lange Rede, kurzer Sinn.. Trotzdem ich die Wichtigkeit der Realität ernst nehme, trotzdem ich es schaffe mein Hirn und mein Herz vermeintlich zu kontrollieren, ist es bei ihm anders.. alles so anders.. Ich leide nicht überdimensional wie ein Teenie, dessen Lover sich mit der Klassenkameradin eingelassen hat, der jetzt droht aus dem Hochpaterre zu springen - in einen Sandkasten.. Es ist anders.. Ich leide, weil ich meine Seele sehe.. weil ich mein Herz sehe.. und meine zu wissen wie es bei ihm aussieht.. Alles ist in Schutt und Asche gelegt, liegt kalt und tot in einer Ecke, verdreckt von Ruß und der Ascheregen wird nicht weniger.. Das Bildnis dieser Konstrukte menschlicher Weisheit zur Seele und Studium um das Wissen der Organe ist so finster, so unglaublich düster und dunkel.. und an diesem Ort ist es so kalt.. Es macht mich traurig, weil ich weiß wie es vor nicht langer Zeit dort aussah..

Man darf mich auch nicht missverstehen.. Es tut weh.. Es gibt Tage, an denen schießen mir die Tränen in die Augen, weil es so höllisch schmerzt aber damit kann ich umgehen.. Ich kenne diese Art von Schmerz.. Der Unterschied ist nur, dass ich um die Bedeutung weiß, wenn er mich jetzt heimsucht, dass ich die Dramatik verstehe, weil ich an einem anderen Punkt stehe.. Die Perspektive zeigt mir die unerschütterliche Wahrheit.. Mein Leben, meine Seele und mein Herz sind an diesen Mann gebunden.. untrennbar verbunden für den Rest meines Daseins und keine Resignation oder Synapsenfunktion könnte jemals etwas daran ändern, weil ich es auch nicht kann..