Montag, 12. März 2018
und wenn es doch schmerzt..
Ich nahm die Frau und den Mann nur aus den Augenwinkeln wahr, sie taten nichts besonderes, sie sahen nicht besonders aus und dennoch schaute ich hin.. Sie erinnerten mich an was..

Sie verabschiedeten sich in der Früh auf der Straße.. Er zog sie in die Arme, sie war einen Kopf kleiner als er.. Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter, zog vermutlich seinen Duft noch einmal ein.. Als sie aufsah, presste sie die Lippen aufeinander. Wenn ihr Tränen in den Augen standen, so sah ich sie nicht.. Er strich ihr zärtlich mit dem Daumen über die Wange und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Er lächelte dieses traurige Lächeln, das sagen sollte "Hey, ich bin doch bald wieder da" und eigentlich sagt "Fuck, sei bitte nicht so traurig, sonst fällt es mir noch schwerer."

Ich starrte sie eine Weile ungeniert an, beobachtete sie. Ich muss mich korrigieren, ich habe gelogen.. Es gibt doch Momente, in denen es schmerzt.. Dies war so einer.. Meine Sicht verschwamm und wenn ich nur halb so elend ausgesehen habe, wie ich mich fühlte, dann kann ich nur froh sein, dass mich vermeintlich Niemand gesehen hat..

Wir haben uns ein paar Mal verabschiedet.. Auf der Straße.. einmal im Hotel.. und sind dann zurück in unsere Leben marschiert, in denen für den jeweils anderen niemals ein Platz vorgesehen war und auch keinen Raum lässt..

Ich kann so gut nachempfinden, wie sie sich fühlt als sie ihm "bye" sagt.. Und stelle dabei fest, dass ich noch nicht weit gekommen bin.. Ich müsste denken "Lass ihn gehen, tritt ihm in den Arsch, komm ihm zuvor, sonst reißt er dir dein fucking Herz heraus!" aber den Gedanken hab ich nicht.. Ich denke nur.. "wenn ich doch nur die Gelegenheit hätte mich nochmal zu verabschieden.." denn das würde bedeuten, dass es ein "davor" geben würde.. Der Schmerz droht mich zu übermannen und die Sehnsucht nach ihm piekt unter der Haut wie ein Splitter.. Plötzlich wird mir bewusst; ich vermisse ihn.. Ich bin tot ohne ihn..

Ich wende den Blick ab von dem Paar, ich will nicht sehen, wie sie auseinander gehen und er ins Auto steigt und sie einsam und verloren am Straßenrand zurück bleibt und dem Auto nachsieht, bis es längst nicht mehr zu sehen ist..

Nach einiger Zeit ebbt der Schmerz ab und die Leere legt sich wie ein Leichentuch über mich.. Ich atme fast schon erleichtert aus.. Ich ertappte mich dabei mich zu fragen, wie es ihm geht, ob er darüber nachdachte mich zurück zu bekommen, ob er an einem verfluchten Plan arbeitete seinem nunmehr trostlosen, nutzlosen Dasein wieder Leben einzuhauchen und seinen verstörten Verstand zu nutzen mich wieder an ihn zu binden.. Früher dachte ich über solche Dinge ständig nach und fröhnte der Hoffnung.. Nachdem er sie 4.205 mal zerstört hatte, wurde es weniger und weniger und ich zog meinen Nutzen aus der alles ausfüllenden Leere.. Diese mich in den Wahnsinn treibende Stille in meinem Hirn, das stumme Herz und der ungewohnt klare, kalte Verstand zersetzen mich in kleinste Einzelteile und ich beginne mich zu fragen wann nichts mehr da sein wird, was er überhaupt noch zurück wollen würde..

Der Schmerz ist vorüber, das Paar getrennt.. Er und ich ebenfalls, gemeinsam allein und es fühlt sich an, als würde meine Seele in Detmold sein.. Er ist meine Seele.. Wenn es diesen Seelenverwandten gibt, dann ist er es.. Weiß Gott nicht, weil wir uns so ähnlich sind, weil wir uns so gut verstehen oder harmonieren.. Wir sind grundverschieden, mit verschiedenen Ansichten, wir hassten uns manchmal bis aufs Blut und sind der Inbegriff der Disharmonie.. Wir stritten uns oftmals ständig und redeten dann tagelang nicht miteinander.. Er ist mein Seelenverwandter, weil er sie hat. Meine. In seinen Händen. Für immer.